Eine Eizelle ist nur etwa 24 Stunden befruchtungsfähig. Sie liegt nach dem Eisprung im Eileiter und kann in dieser Zeit von einer Samenzelle erreicht werden. Die eigentliche Befruchtung beginnt erst mit dem Eindringen einer einzelnen Spermienzelle in die Eizelle – doch der entscheidende Weg dorthin setzt bereits viel früher ein. Schon in der Scheide startet ein Auswahlprozess, bei dem Millionen Spermien gefiltert werden. Nur wenige überstehen die Strecke durch den Körper der Frau und erreichen überhaupt den Eileiter.
Startpunkt: Millionen Spermien
Beim Samenerguss gelangen viele Millionen Spermien in die Scheide. Doch nur ein winziger Bruchteil erreicht überhaupt den Eileiter. Die meisten sterben innerhalb weniger Minuten. Der Grund liegt in der natürlichen Schutzfunktion des weiblichen Körpers: Die Scheide hat ein saures Milieu, das Bakterien abwehrt – aber auch für Spermien belastend ist. Zusätzlich wirken Immunzellen als biologische Wächter und zerstören viele Samenzellen. Nur Spermien mit intakter Struktur und ausreichender Beweglichkeit können weiter vordringen.
Der Gebärmutterhals als Filter
Der Gebärmutterhals ist eine Engstelle. Hier befindet sich Schleim, dessen Durchlässigkeit vom Zyklus abhängig ist. Rund um den Eisprung wird er dünnflüssiger und enthält feine Kanäle, durch die Spermien aufsteigen können. Außerhalb dieser Phase bildet er eine fast unpassierbare Barriere. Viele Samenzellen bleiben hier stecken oder verlieren ihre Beweglichkeit. Von den Millionen des Anfangs erreichen meist nur einige Tausend die Gebärmutter.
Orientierung im Körper der Frau
Die Spermien schwimmen nicht planlos. Sie folgen mehreren natürlichen Orientierungssystemen:
- Chemotaxis: Stoffe, die von der Eizelle und dem Eileiter freigesetzt werden, dienen als chemische Locksignale.
- Thermotaxis: Im Eileiter besteht ein kleiner Temperaturunterschied. Die Eizelle liegt in einem etwas wärmeren Bereich.
- Bewegungen des Eileiters: Flimmerhärchen in der Schleimhaut erzeugen Strömungen in Richtung der Eizelle und unterstützen die Fortbewegung.
Trotz dieser Leitmechanismen verirren sich viele Spermien. Der Weg ist nicht gerade, er enthält Kurven, Zellschichten und Strömungen. Nur die widerstandsfähigsten und orientierungsfähigsten Samenzellen erreichen das Ziel: die Eizelle im Eileiter.
Letzte Barriere: die Zona pellucida
Die Eizelle ist von einer Schutzschicht umhüllt – der Zona pellucida. Sie verhindert, dass ungeeignete Spermien eindringen können. Nur Samenzellen, die vollständig gereift und funktionsfähig sind, besitzen spezielle Enzyme, mit denen sie diese Hülle auflösen. Erst dann kann eine Befruchtung stattfinden.
Warum nur ein Spermium eindringen kann
Erreicht eine Samenzelle die Zona pellucida und dringt erfolgreich ein, reagiert die Eizelle sofort. Ihre Hülle verändert sich chemisch und wird undurchlässig für alle weiteren Spermien. Dieser Vorgang wird Block zur Polyspermie genannt. Er verhindert, dass mehrere Zellkerne gleichzeitig eindringen – das wäre nicht lebensfähig.
Nach der Verschmelzung der Zellkerne beginnt ein neuer Abschnitt. Die Eizelle ist nun befruchtet und wird Zygote genannt. Bereits innerhalb der ersten 24 Stunden setzt der Prozess der Furchung ein – eine Reihe schneller Zellteilungen. Die Zygote verdoppelt ihr Erbgut und teilt sich zunächst in zwei Zellen. Beide teilen sich erneut, es entstehen vier, danach acht, sechzehn und immer mehr. Die Zahl der Zellen wächst mit jeder Teilung weiter, während die Gesamtgröße des Gebildes nahezu unverändert bleibt. Es bildet sich ein dichter Zellverband, dessen Einheiten eng beieinanderliegen und noch keine speziellen Aufgaben besitzen. Jede dieser Zellen trägt grundsätzlich das Potenzial, sich zu einem vollständigen Organismus zu entwickeln. Erst einige Tage später beginnt der Übergang von unspezialisierten Zellen zu ersten funktionellen Strukturen.
Wanderung in Richtung Gebärmutter
Während sich die Zellen weiter teilen, bewegt sich die Zygote langsam durch den Eileiter in Richtung Gebärmutter. Dabei helfen zwei Faktoren: Erstens erzeugen Flimmerhärchen in der Schleimhaut einen gerichteten Transport. Zweitens ziehen sich die Muskeln der Eileiter rhythmisch zusammen. Diese Bewegung ähnelt einer Wellenbewegung und schiebt die Zygote schrittweise weiter. Der Weg dauert meist drei bis fünf Tage.
Nach mehreren Teilungen entsteht eine kugelförmige Struktur – die Blastozyste. Sie besteht aus einer äußeren Zellschicht, die später die Plazenta bildet, und einer inneren Zellgruppe, aus der sich der Embryo entwickelt. In diesem Stadium erreicht sie die Gebärmutterhöhle.
Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut
Bereits nach dem Eisprung beginnt die Gebärmutter sich auf eine mögliche Befruchtung vorzubereiten. Ihre Schleimhaut wird stärker durchblutet, speichert Nährstoffe und bildet eine geeignete Umgebung für die kommende Zellstruktur. Trifft die Blastozyste ein, setzt die Nidation – also die Einnistung – ein. Dabei dringen Zellen der äußeren Schicht aktiv in die Gebärmutterschleimhaut ein. Sie verankern den Zellverband und beginnen, erste Verbindungen zum mütterlichen Blutkreislauf aufzubauen. Ab diesem Zeitpunkt ist eine stabile Entwicklung überhaupt erst möglich.
Ab wann spricht man von einer Schwangerschaft?
Medizinisch beginnt eine Schwangerschaft mit der Einnistung. Erst wenn sich die Blastozyste fest in der Gebärmutterschleimhaut verankert hat, startet die Embryonalphase – ab diesem Zeitpunkt spricht man von einem Embryo und von einer stabilen Entwicklung. Gleichzeitig produziert der Körper das Hormon hCG (humanes Choriongonadotropin). Es sorgt dafür, dass die Schleimhaut erhalten bleibt und die Menstruation ausbleibt. hCG ist im Blut oder Urin nachweisbar und bildet die Grundlage für Schwangerschaftstests.
Die Befruchtung ist damit abgeschlossen – aus einer einzelnen befruchteten Zelle ist ein mehrzelliger Keim geworden, der sich weiterentwickelt und nun dauerhaft mit dem mütterlichen Organismus verbunden ist. Die ersten Schwangerschaftswochen sind äußerlich meist unsichtbar, biologisch jedoch entscheidend: Hier werden die Grundlagen für alle Organe, Körperachsen und lebenswichtigen Systeme gelegt.
Kurze Zusammenfassung
Die Befruchtung beginnt im Eileiter und setzt sich durch schnelle Zellteilungen fort. Aus der Zygote entsteht über mehrere Stadien ein dichter Zellverband, der als Blastozyste in die Gebärmutter gelangt. Nach der Einnistung beginnt die Embryonalphase – ab diesem Zeitpunkt spricht man medizinisch von einer Schwangerschaft. Der Körper produziert nun das Hormon hCG, damit die Schleimhaut erhalten bleibt und eine stabile Entwicklung möglich wird. Erst später, ab der neunten Schwangerschaftswoche, beginnt die Fetalphase.